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Streitschlichter

Information zum Thema: „Streitschlichtung“

Konflikte gehören zu unserem Leben

  • sie sind ein wichtiges Signal, dass etwas nicht stimmt und verändert werden muss
  • sie bieten eine Chance zur Entwicklung und Verbesserung der gegenseitigen Beziehungen
  • nicht der Konflikt ist das Problem, sondern die Art und Weise wie damit umgegangen wird
  • ...

Mediation

ist ein Verfahren zur Streitschlichtung und Konfliktlösung, das in den 6oer und 7oer Jahren in den USA entwickelt wurde und in vielen Bereichen Anwendung findet.

Wörtlich übersetzt bedeutet Mediation „Vermittlung". Gemeint ist die Vermittlung in Konfliktfällen durch unparteiische Dritte, die von beiden Konfliktparteien akzeptiert werden. Die Mediatorinnen helfen den Streitenden eine einvernehmliche Lösung des Problems zu finden. Das Ziel ist eine Einigung, die von allen Parteien mitgetragen, unterzeichnet und umgesetzt wird.

Schulmediation

ist ein Weg zu einer neuen Streitkultur. Konflikte lassen sich dauerhaft vielleicht nicht vermeiden – aber ernstnehmen und als Chance zur positiven Veränderung begreifen. Schüler und Lehrer können gemeinsam das Schulklima beeinflussen indem sie neue Kommunikationsstrukturen schaffen und Strategien zur Konfliktregelung anbieten. Schulmediation ist immer Peer-Mediation, das heißt Schüler schlichten den Streit zwischen Schülern. Erwachsene (Trainerinnen und Lehrerinnen) begleiten die Ausbildung und leiten die Supervision.

Streitschlichtung kann allerdings keine isolierte Veranstaltung einiger weniger sein, da sie sonst zum Scheitern verurteilt ist. Das Konzept der gewaltfreien Konfliktlösung sollte grundsätzlich ins Schulprogramm aufgenommen werden und so ein wesentlicher Bestandteil und ein Markenzeichen der Schule werden. Dabei sind alte und neue Ordnungsprinzipien zu überdenken.

Nicht alles ist umfassend und sofort zu verwirklichen. In welchen Klassenstufen und in welchem Ausmaß die Ausbildung angeboten wird hängt von vielen schulinternen Vorgaben ab und kann im Laufe der Jahre ausgebaut und erweitert werden. Aber die Ausbildung von Streitschlichtern betrifft das gesamte System Schule und sollte ein gemeinsames Lernen von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen anregen.

Was verändert sich für Lehrerinnen und die Schule?

1. Verbesserung des Schulklimas

Konflikte wird es immer geben, auch ein Streitschlichterprojekt verhindert dies nicht. Konflikte werden aber dann ein Problem, wenn sie nicht angemessen bearbeitet werden und eskalieren. Wir brauchen andere Lösungen für einen Streit, hier hat die Mediation ihren Platz.

Konflikte werden somit konstruktiv genutzt um soziales Lernen in den Schulalltag einzubeziehen.

Langfristig verändert sich bei Lehrern und Schülern der Umgang mit der täglichen Gewalt in der Erarbeitung neuer Lösungsstrategien.

2. Entlastung der Lehrerinnen

Täglich sind die Lehrkräfte mit kleineren oder größeren Auseinandersetzungen zwischen Schülerinnen beschäftigt. Sehr oft belasten diese Konflikte den Unterricht oder die Klassengemeinschaft. Den Kontrahenten dann ein Gespräch bei den Streitschlichtern anzubieten entlastet alle. Außerdem müssen Lehrerlnnnen nicht mehr Richter sein und zwischen „Schuldigen" und „Unschuldigen" unterscheiden. Gelöste Konflikte entspannen das gemeinsame Arbeiten und sparen zudem viel Zeit. Aber: Lehrkräfte sollten dann auch bereit sein, die Lösung des Konflikts den Schülern eigenverantwortlich zu überlassen.

3. Nötige Rahmenbedingungen ...

... um ein Gelingen des Projekts und eine langfristige positive Wirkung zu erreichen :

  • Das Kollegium und die Schulleitung sollten grundsätzlich die Streitschlichtung befürworten.
  • Streitschlichter brauchen für ihre Arbeit allseitige Unterstützung und Anerkennung
  • Neue Ideen benötigen viel Geduld (am Anfang klappt nicht alles)
  • Regelmäßige Werbung ist wichtig (z.B. in den Eingangsklassen, zu Beginn des Schuljahres..)
  • Es muss ein eigener Raum zur Streitschlichtung zur Verfügung stehen (Kann zusätzlich aber auch für Elterngespräche genutzt werden oder ähnliches)
  • Lehrerstunden für die Ausbildung und Begleitung der Streitschlichter sollten zur Verfügung stehen
  • Eine Arbeitsgruppe „Streitschlichtung" wäre sinnvoll (Lehrer, Eltern, andere Interessierte).

Welche Aufgaben haben Streitschlichter?

  • Sie stehen anderen Mitschülern zu bestimmten Zeiten (z.B. in den Pausen) zur Klärung ihrer Konflikte zur Verfügung. Ein eigener Raum dazu ist vorhanden.Das Ziel eines Gespräches ist es, den Kontrahenten zu helfen, eine gemeinsame, faire Lösung ihres Problems zu finden. Die getroffenen Vereinbarungen werden in einem schriftlichen Vertrag festgehalten.
  • Jedes Streitschlichter-Team (je zwei Schülerinnen) hat höchstens einen Tag in der Woche „Dienst".
  • Die Streitpartner sollen das „Konfliktzimmer" der Schule freiwillig aufsuchen, niemand darf zu einem Mediationsgespräch gezwungen werden.
  • Die zu besprechenden „Fälle" beziehen sich hauptsächlich auf Konflikte zwischen Mitschülerinnen, die in der Regel gleich alt oder jünger sind als die Mediatorinnen.
  • Streitschlichter helfen einen Streit zu schlichten, in dem sie klare Gesprächsregeln vorgeben, selbst aber unparteiisch bleiben und die Lösungsfindung den Streitenden überlassen.
  • Die Streitschlichter sind zur Verschwiegenheit verpflichtet, alle Unterlagen (Verträge) sind in einem abschließbaren Schrank untergebracht.
  • Regelmäßige Besprechungen mit den Ausbilderinnen und den anderen Mediatorinnen dienen zur Vertiefung und Weiterbildung.
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  • Streitschlichter sind nicht die Sheriffs des Schulhofes, d.h. sie greifen von sich aus nicht in Konflikte ein.
  • Streitigkeiten zwischen Lehrern und Schülern sind keine Fälle für die Streitschlichter, ebenso größere Auseinandersetzungen (z.B. kriminelle Handlungen).
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Wer profitiert von der Streit-Schlichtung?

Gewinn für die Schülerinnen

  • Die Kontrahenten erleben, dass ein Konflikt gewaltfrei gelöst werden kann.
  • Neue Konfliktlösungsmuster werden erprobt.
  • Keiner hat verloren. Es wird nicht an Rache gedacht.
  • Soziale Kompetenzen werden erworben und erweitert.
  • Das Selbstbewusstsein der Schülerinnen wird gestärkt.
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Gewinn für die Lehrerlnnen

  • Sie werden bei vielen Konflikten zwischen den Schülern entlastet.
  • Der Unterricht kann störungsfreier ablaufen.
  • Die Beziehung zwischen Schüler und Lehrer verläuft positiver.
  • Lehrer müssen bei Streitigkeiten nicht Richter sein.
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Gewinn für die Schule

  • Das Schulklima verbessert sich
  • Streitschlichtung ist ein Beitrag das Gewaltpotential zu vermindern
  • Konflikte werden nicht tabuisiert sondern konstruktiv thematisiert.
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Gewinn für die Eltern

  • Kinder lernen in der Schule auch für häusliche Konflikte
  • Entlastung durch die Streitschlichtung vor Ort.
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Wie werden Streitschlichter ausgebildet?

Die Ausbildungszeit soll den Mindestanforderungen entsprechen (ca. 40 Std).

Die Streitschlichter müssen den Ablauf einer Mediation trainieren, in der Lage sein, das Gespräch zu führen, den Prozess zu steuern und in ihrer allparteilichen Rolle zu bleiben. Das ist gerade für Jugendliche eine ganz erhebliche Leistung, die gut vorbereitet und trainiert werden muss. Die Ausbildung kann z.B. in folgenden Formen stattfinden:

  • ganztägige Seminare
  • mehrtägige Seminare
  • wöchentliche Arbeitsgemeinschaften (mindestens doppelstündig)

Empfehlung: Die Formen abwechseln, denn die ganz- und mehrtägigen Formen sind gruppenfördernd, die wöchentlichen Formen unterstützen die Verinnerlichung der Mediationshaltung.

Die Ausbildung schließt mit einem Zertifikat ab, das die Schule den Schülerinnen verleiht. Die Teilnahme soll auch im Zeugnis Erwähnung finden. Nach abgeschlossener Ausbildung sollen die Streitschlichter als solche an der Schule tätig werden, aber auch noch regelmäßig von erwachsenen Mediatoren begleitet werden.

Die Inhalte der Ausbildung

Grundlagen

  • Kommunikation, Gesprächstechniken
  • Kooperation
  • Selbst-Wahrnehmung, Fremdwahrnehmung
  • Konflikt-Verständnis, Konflikt-Verlauf
  • eigene Konflikterfahrungen, eigenes Konfliktverhalten
  • Eisberg-Modell
  • Gefühle erkennen und benennen lernen -Wahrnehmung von Mimik, Gestik, Körperhaltung, Betonung
  • Perspektiven-Übernahme
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Mediationsprozess

  • Phasen der Mediation
  • Auseinandersetzung mit der eigenen Neutralität (All-Parteilichkeit)
  • Auseinandersetzung mit der Rolle der Mediatorin
  • Kooperationsfähigkeit ausbauen
  • Umgang mit Macht
  • Grenzen der Schülermediation

Was verändert sich für die Schülerinnen?

1. Soziale Kompetenzen werden erworben und erweitert

Schule vermittelt einerseits Wissen in verschiedenen Bereichen wie Sprachen oder Mathematik, doch stellt sie auch ein großes Lernfeld für soziale Erfahrungen dar. Streiten lehren und lernen ist ein wichtiger Beitrag zum Umgang mit täglicher Gewalt. Durch die Peer-Mediation (d.h. Jugendliche helfen Gleichaltrigen ihre Konflikte gewaltfrei zu lösen) erhalten die Schülerinnen mehr Selbstständigkeit und Selbstverantwortung. Es geht darum, dass Schülerinnen lernen, ihre Konflikte selbstständig zu bearbeiten, bzw. ihre Mitschülerinnen darin zu unterstützen. „Verantwortung kann man nur lernen, wenn man welche hat", so liest sich eine der Begründungen in einer Konzeption zur Schulmediation. Kindern und Jugendlichen wird von den Erwachsenen die Verantwortung für die Klärung ihrer Konflikte zugetraut.

2. Erlernen neuer Konfliktlösungsmuster

Streitschlichtung funktioniert nach dem „Win-Win-Prinzip":

Ziel ist es, eine Lösung zu finden, die von allen Seiten als Gewinn angesehen wird, es gibt keine Verlierer. Eine Methode, die im politischen Bereich und bei Rechtsstreitigkeiten immer häufiger verwendet wird, findet nun seit einigen Jahren auch Beachtung im Schulalltag. Mediation ist ein Übungsfeld für gewaltfreie zwischenmenschliche Lösungen im Streitfall

Kinder und Jugendliche lernen mit Mitteln der Kommunikation aus den alten Konfliktmustern von Siegern und Besiegten auszusteigen.

3. Stärkung des Selbstbewusstseins

Streitschlichter einer Schule sind in der Regel bei Lehrern und Mitschülern sozial anerkannt, da sie eine wichtige Rolle im Schulalltag spielen.

Durch ihre Ausbildung lernen sie aber auch vieles, was ihnen bei ihren häuslichen Konflikten und in anderen Beziehungen nützt.

Außerdem erhalten Streitschlichter auch ein besonderes Zertifikat für ihre Arbeit in der Schule, das bei einer Stellenbewerbung meist positiv gewertet wird.

Text und Bilder von Fr. Blomeyer.