Nachtwächterführung in Heideck
Mit schwarzem Umhang, in der einen Hand die Hellebarde und in der anderen eine Laterne mit brennender Kerze – so empfing der Heidecker Nachtwächter Markus Steib standesgemäß am Samstag, den 1. Juli 2023 um 18 Uhr das Lehrerkollegium von der Grundschule Heideck, das in großer Zahl gekommen war, vor dem Heidecker Rathaus. Nach kurzer Begrüßung und Einführung ging es dann zu den einzelnen Stationen in der Heidecker Altstadt.
Zunächst gab es Erklärungen zum Heidecker Rathaus, das als Getreidekasten gebaut, später als Rat- und Schulhaus genutzt wurde und heute Sitz einer modernen Gemeindeverwaltung und der Heimatkundlichen Sammlung ist – ein imposantes Gebäude, das auch heute noch mit seinen dicken Sandsteinmauern, seinen Staffelgiebeln und dem dreigeschossigen Dachboden weithin das Stadtbild von Heideck prägt. Interessant waren auch die Geschichten, wie der Schulbetrieb im Rathaus ablief oder was die Kinder in der Pause vor dem Rathaus machten. Hier konnten einige Personen von ihren Erfahrungen berichten, fand doch bis Mitte der 90-er Jahre des letzten Jahrhunderts dort noch Unterricht für einige Klassen statt.
Erste Station war dann die Stelle, wo früher das alte Rathaus stand. Für die meisten unbekannt war, dass der Umriss des alten Rathauses, das in der Mitte des 19. Jahrhunderts abgerissen wurde, durch Steine im Kopfsteinpflaster markiert ist. Neben vielen fachkundigen Erläuterungen zu den verschiedenen Fachwerkbauten ging es dann über den Dr.- Max -Ring - Platz und die Obere Weinstraße zum Almosenhaus. Es gehört der Almosenstiftung, die auch heute noch besteht. Sehr kurzweilig erklärte Herr Steib auch den Verlauf der Stadtmauer, die man an einer Stelle in der Brauhausgasse noch in voller Höhe sehen konnte, die aber sonst größtenteils in Häuser integriert oder - sogar bis in jüngste Zeit - abgerissen wurde und den Verlauf des nördlichen Stadtgrabens, der zwar meist verfüllt wurde, aber trotzdem noch deutlich zu erkennen ist. Auch die Lage des ehemaligen Stadtweihers, nicht zu verwechseln mit dem Wäschweiher, wurde thematisiert.
Nächster Höhepunkt waren dann die Kapelle zu Unserer Lieben Frau, kurz Kapell genannt und die umliegenden Häuser. Von dem Bau der Kapell durch Friedrich den II. von Heideck, der Ausgestaltung mit den herrlichen Fresken, den Steinmetzzeichen, den Veränderungen und Ausgrabungen im Laufe der Zeit bis hin zum „Affen“ auf Haus Nr. 1 an der Kapell – Herr Steib zeigte sich als profunder Kenner der Heidecker Geschichte, der es aber auch verstand, mit seinen persönlichen Erlebnissen die Zuhörer immer wieder zum Schmunzeln zu bringen.
Höhepunkt war dann, als der Nachtwächter in der Kapell – es wurde bereits etwas dunkel – bei herrlicher Akustik seinen Nachtwächterruf erschallen ließ:
Hört ihr Leut und lasst euch sagen,
unsere Glock hat ….. geschlagen, …..
Menschen wachen, kann nichts nützen,
Gott muss wachen, Gott muss schützen, ….
Allen eine gute Nacht!
Ans Bett gehen war aber noch nicht zu denken, führte uns doch der Nachtwächter nun durch die Brauhausgasse, vorbei an der Polizeistation und dem ehemaligen Gefängnis. Die Brauhausgasse weist darauf hin, dass es in Heideck mal 6 private Bierbrauer gab. Die verschiedenen Sommerkeller und dass bis heute noch um Heideck Hopfen angebaut wird, erinnern an diese Tradition.
Vorletzte Station war das Bäumler – Haus, zuletzt noch genutzt als Bäckerei. Herr Steib verriet, dass in seiner Jugendzeit in den Gewölben des Gasthofes zum Oberen Tor eine Disco war. Als die Disco in den frühen Morgenstunden zusperrte, fragte sich so manches frisch verliebte Pärchen: Wohin gehen wir jetzt in der angebrochenen Nacht? Da fügte es sich gut, dass gleich gegenüber der Bäcker im Bäumler - Haus schon seit Stunden seinen Backofen schürte und damit auch das Mauerwerk an der Brauhausgasse aufgewärmt wurde und Wärme ausstrahlte. Und so schlug selbst in kalten Nächten den Liebenden keine Stunde.
Die Nachtwächterführung endete im Gasthaus Lindwurm bei einem guten Essen, regem Austausch und noch vielen Anekdoten und Geschichten vom Nachtwächter.
Vielen Dank an Herrn Markus Steib für diese wirklich gelungene, kurzweilige und mit vielem Fachwissen gespickte Lehrerfortbildung.
Als wir nach Hause gingen, drehte der Nachtwächter bereits wieder mit Hellebarde und Laterne seine Runden durch die Straßen von Heideck – zumindest wäre es vor einigen hundert Jahren so gewesen!!!
Text und Foto: Franz Peter